Früher stand der Entzug im Mittelpunkt, samt seiner medizinischen Versorgung. Natürlich geht es auch heute noch um den Entzug. Weg von der Abhängigkeit. Aber eben auch mit neuen Ansätzen. Dass das alles zugewandt und freundlich passiert, merkt man schon an der Stationstür, die mit einem Baum, der alle vier Jahreszeiten vereint, geschmückt ist.
Dogan Kalyoncu ist für die neue Ausrichtung der Station verantwortlich. Als der Fachkrankenpfleger für Psychiatrie die Leitung der Station übernahm, „habe ich natürlich auch jede Menge Ideen mitgebracht“. Zusammen mit dem ganzen Team und natürlich zusammen mit dem ärztlichen Dienst und den Psychologen ist er nun dabei, die Station neu zu gestalten. „Wir haben sowohl inhaltlich-konzeptionell als auch therapeutisch und gestalterisch wesentliche Entwicklungen durchlaufen.“
Zuerst der Blick zurück: „Früher war unser Fokus primär auf die medizinische Versorgung und die Sicherstellung eines reinen Entzugs gerichtet.“ Und heute? Heute geht es um einen deutlich umfassenderen Ansatz, so Kalyoncu. Es geht um die körperliche Dimension der Abhängigkeit, aber auch um die psychische, soziale und emotionale. Heute wird mit Aromatherapie, einer positiven Milieugestaltung und dem Safewards-Modell gearbeitet, das für ein sicheres, wertschätzendes und heilungsförderndes Umfeld sorgt.
Es ist vor allem die Vielfalt der Pflege und Therapieansätze, die die Behandlung auf der Station inzwischen auszeichnet. „Neben dem klassischen Entzug bieten wir jetzt einen qualitativen Entzug, der weit über das rein medizinische Management hinausgeht.“ Dazu gehören die Aromatherapie, deeskalierende Maßnahmen, Akupunktur fürs allgemeine Wohlbefinden, der Einsatz von Virtuellen Brillen mit deren Hilfe Patienten in virtuellen Szenarien ihre Trigger analysieren und neue Bewältigungsstrategien erlernen können. Diese innovativen Therapien sind Alleinstellungsmerkmal. Dazu kommen viele Gruppentherapieangebote, sie vermitteln praktische Hilfen für den Alltag nach dem Entzug, schaffen Orientierung, ermöglichen Austausch, fördern die Selbstfürsorge und Entspannung.
Auch optisch hat sich einiges auf der Station verändert. Davon zeugen nicht nur die Bäume an der Eingangstür oder an der Wand im Stationsflur. Ziel war, die Station zu einer Umgebung zu machen, die nicht wie eine Entzugsklinik wirkt, sondern einen heilungsfördernden Raum bietet. Warme Farben, beruhigende Beleuchtung und moderne Aufenthaltsbereiche fördern das Wohlbefinden und die Genesung.
Auf der Station S1 werden Menschen behandelt, die unter Alkoholabhängigkeit und Medikamentenabhängigkeit leiden. Kalyoncu: „Dabei sprechen wir Patienten an, die nicht nur einen körperlichen Entzug benötigen, sondern auch von einer ganzheitlichen und individuellen Unterstützung profitieren möchten. Wir schaffen einen Raum, der entstigmatisiert und die Betroffenen mit Wertschätzung behandelt.“ Medizinische Kompetenz gepaart mit therapeutischen Innovationen und menschlicher Wärme – das macht die S1 aus, so Kalyoncu. „Wir verstehen, dass Sucht nicht nur eine körperliche Erkrankung, sondern auch eine tiefgreifende psychische Belastung darstellt. Deshalb wollen wir die Patienten nicht nur entgiften, sondern ihnen neue Perspektiven und Ressourcen für ein suchtfreies Leben bieten.“ Auf der S1 erleben Patienten eine Verbindung aus modernster Technik, wie der VR-Exposition, und traditionsreichen Heilmethoden, wie der Akupunktur. Kombiniert mit unserem wertschätzenden, stigmafreien Umfeld und der innovativen positiven Milieugestaltung entsteht ein Ort, an dem Patienten nicht nur behandelt, sondern gestärkt und ermutigt werden. In ein un-abhängiges Leben.