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News

SERIE: Was tun, wenn...

Das fragen sich wohl viele Eltern, wenn das Kind Anzeichen von ADHS zeigt. Wie spreche ich das Problem an? Wie verhalte ich mich? Wo gibt es Hilfe? „Was tun, wenn…“ lautet eine kleine Serie, die alle wichtigsten Fragen rund um verschiedene Krankheitsbilder klären soll. Ein Leitfaden, eine Hilfestellung, ein (Neu-)Anfang. Dr. Stephanie Steinmann ist die leitende Oberärztin der Institutsambulanz für Kinder und Jugendliche am Bezirkskrankenhaus Bayreuth sowie der Tagesklinik und Institutsambulanz für Kinder und Jugendliche in Hof und erklärt: Was tun, wenn mein Kind ADHS hat.

Was sind für mich als Angehöriger sichere Anzeichen für die Erkrankung?

Kinder und Jugendliche mit einer AufmerksamkeitsDefizitHyperaktivitätsStörung, oder kurz ADHS, sind – verglichen mit Gleichaltrigen – besonders unaufmerksam, impulsiv und/oder unruhig. Bis zu einem bestimmten Grad sind solche Verhaltensweisen nichts Ungewöhnliches. Um Kinder nicht irrtümlich als krank einzustufen, haben sich Fachleute auf Kriterien geeinigt, die für eine ADHS-Diagnose erfüllt sein müssen. Dabei ist es vor allem auch wichtig zu klären, ob nicht andere Ursachen wie beispielsweise Über- oder Unterforderung für die Probleme ursächlich sind.

Wie kann ich mir sicher sein?  

Eine diagnostische Abklärung durch einen Spezialisten ist wichtig. Dabei findet anfangs ein ausführliches Gespräch mit der Familie und dem Patienten statt. Ergänzt wird dies durch weitere Untersuchungen. Es kommen psychologische Testverfahren zum Einsatz, aber auch medizinische Untersuchungen und wenn erforderlich, weitere Untersuchungen wie Einschätzungen durch Sprachtherapeuten oder Ergotherapeuten. Häufig werden auch andere Bezugspersonen, wie Lehrer oder Erzieher einbezogen.

Und wenn die Diagnose ADHS dann klar ist?

Steht die Diagnose fest, folgt im Normalfall ein Beratungsgespräch für die Familie. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten zur Behandlung von ADHS. Je nachdem welche Probleme im Vordergrund stehen kann es dabei um Beratung der Eltern, Unterstützung in der Schule, therapeutische und pädagogische Maßnahmen, aber auch Medikamente gehen. Diese kommen vor allem für Kinder und Jugendliche mit einer ausgeprägteren Form einer ADHS infrage.

Welche Ursachen hat die Erkrankung?

Die Ursachen für eine ADHS ist sind vielfältig. Man geht aber davon aus, dass Erziehung nicht ursächlich für eine ADHS ist, aber auch davon, dass Eltern durch den Umgang mit ihren Kindern viel dazu beitragen können, die Symptome positiv zu beeinflussen.

Was kommt dann auf die Angehörigen zu?

Ein Kind mit ADHS zu erziehen, kann sehr anstrengend sein. Eltern wird viel Aufmerksamkeit abverlangt, denn das Verhalten des Kindes führt nicht selten zu familiären Auseinandersetzungen und zu Problemen in der Schule. Es ist daher völlig normal, dass Eltern neben der Sorge um ihr Kind bisweilen überfordert sind und manchmal auch gereizt bis wütend reagieren. Wichtig ist aber, sich immer wieder klar zu machen, dass sich das Kind nicht absichtlich so verhält.

Wie lässt sich das private Umfeld so gestalten, dass es dem Kind und den Eltern hilft?

Viele Familien entwickeln mit der Zeit Strategien, die im Alltag helfen. So empfinden es Eltern häufig als hilfreich, den Tag gut zu planen und zu strukturieren. Mit Hilfe klarer Routinen wissen die Kinder, was sie zu erwarten haben und können sich besser darauf einstellen. Viele Eltern berichten auch, dass es hilft Unerwartetes frühzeitig anzukündigen, klare Verhaltensregeln aufzustellen und das Kind zu belohnen, wenn die Regeln eingehalten werden. Eltern und Kinder empfinden häufig Sport und Bewegung als ein hilfreiches Ventil, um sich „auszutoben“ und überschüssige Energie abzubauen.

Bei allen Problemen ist es wichtig, die Kinder ehrlich zu loben, wenn ihnen etwas gelungen ist, und ein gesundes Selbstbewusstsein zu fördern. Kinder mit ADHS bekommen oft zu wenig positive Reaktionen, weil sie zu Hause und in der Schule anecken und sich schwer damit tun, Freundschaften aufzubauen. Es ist nicht immer einfach, Zuneigung und Verständnis zu zeigen, wenn das tägliche Miteinander schwierig ist. Sich dennoch liebevoll dem Kind zu widmen, etwas zusammen zu unternehmen, für Spaß und schöne gemeinsame Erlebnisse zu sorgen, kann helfen, chaotische Momente gelassener zu nehmen.

Und was, wenn Überforderung droht?

Damit es besser gelingt, ruhig mit dem Kind umzugehen und dem fordernden Alltag etwas entgegenzusetzen, ist es wichtig, dass Eltern auch auf ihre eigenen Bedürfnisse achten. Dazu gehört, sich Hilfe zu holen, ob tatkräftige Entlastung durch Angehörige und Freunde oder professionelle Unterstützung bei der Erziehung des Kindes. Es ist einen Versuch wert, andere vertraute Personen in die Betreuung einzubinden, die sich, unbelastet vom Alltag, gut mit dem Kind verstehen und ab und zu einen Nachmittag oder auch Abend mit ihm verbringen. Vielleicht ist es mit ihrer Hilfe möglich, regelmäßig erholsame Auszeiten für beide Eltern zu organisieren. Elternschulungen wahrzunehmen, sich beraten zu lassen und einen guten Kontakt zu den Fachkräften aufzubauen, die das ADHS des Kindes behandeln, ist für viele Eltern eine wertvolle Hilfe. Sie können dabei unterstützen, die im Alltag nötigen Fähigkeiten wie Geduld, Gelassenheit und Toleranz zu entwickeln. Für manche Mütter und Väter ist der Austausch mit anderen Eltern von Kindern mit ADHS in einer Selbsthilfegruppe hilfreich. In welcher Form auch immer: Sich helfen zu lassen und die Probleme aktiv anzugehen, kann den Familienalltag deutlich erleichtern. So gelingt es eher, den nötigen Abstand und Freiraum zu schaffen, um das Kind so gut wie möglich unterstützen zu können.

An wen können sich betroffene Familien wenden?

Häufig ist der Kinderarzt oder Hausarzt, der das Kind und die Familie seit langem kennt, der erste Ansprechpartner für die Familie. Zur weiteren diagnostischen Abklärung ist es aber meist sinnvoll einen Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie oder einen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten aufzusuchen. Psychologische Beratungsstellen, Jugendämter, aber auch Schulpsychologen, Beratungslehrer und Schulsozialarbeiter könnten Ansprechpartner sein und bieten gute Angebote. Die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters bietet ambulante, tagesklinische und vollstationäre Angebote für Kinder und Jugendliche in ganz Oberfranken. Der Hauptsitz ist am Standort Bayreuth und umfasst insgesamt sechs Stationen mit unterschiedlicher fachlicher Ausrichtung, zwei Tageskliniken und eine Institutsambulanz.

 

Kontakt: 

Institutsambulanz für Kinder und Jugendliche in Bayreuth
Telefon 0921 283-3203

Adoleszentenstation am Bezirksklinikum Obermain in Kutzenberg
Telefon 09547 81-73610

An den Standorten Bamberg, Coburg und Hof gibt es jeweils eine Tagesklinik und eine Institutsambulanz.