Die richtigen Worte finden. Laut und klar sprechen. Und möglichst nicht rot anlaufen dabei. Was dem ein oder anderen bei öffentlichen Auftritten schwer fallen kann, ist für junge Menschen in einer Phase, in der ohnehin alles unsicher ist, weil Hormone verrückt spielen, oft noch tausendmal schwerer. Wenn dann noch eine psychische Erkrankung dazu kommt, die die Kommunikation erschwert – dann gibt es Hilfe von in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters am Bezirkskrankenhaus Bayreuth.
Für eine erfolgreiche Kommunikation braucht jeder Mensch verschiedene Fähigkeiten: Er muss verstehen können. Er braucht einen gewissen Wortschatz. Er muss die Grammatik der Sprache beherrschen. Und er muss dazu fähig sein, diese Sprache auch zu benutzen um mit ihr überhaupt Kontakt zu anderen Menschen aufzunehmen und halten zu können. „Man muss sich ausreichend sicher fühlen, um eine Meinung zu äußern, um sich zu präsentieren oder eine Position zu beziehen“, so Bettina Hofmann, Klinische Linguistin bei den Gesundheitseinrichtungen des Bezirks Oberfranken. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Andrea Deitermann, einer akademischen Sprachheilpädagogin, und Theresa Strätz, einer Klinischen Linguistin, verantwortet sie ein Projekt, das genau bei diesem Sicher-Werden ansetzt. Denn aus verschiedenen Gründen bereitet Sprechen manchmal Schwierigkeiten. Dieses Projekt mit dem Titel TELE-JUST läuft am Bezirkskrankenhaus Bayreuth und hat das Ziel, Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahren zu unterstützen, die bei der Kommunikation mit anderen unter Stress stehen, die unsicher sind, wenn sie reden sollen (und auch wollen) und bei denen darüber hinaus auch eine psychische Erkrankung festgestellt wurde. Das Therapieprogramm möchte Jugendliche unterstützen und ihnen Sicherheit beim Sprechen vermitteln.
Sicher werden
Hinter TELE-JUST steckt eine Onlinesprachtherapie. Diese spricht Jugendliche an, die Lust haben, mehr Sicherheit bei Sprechen zu erlangen. Die Jugendlichen dürfen dafür dreimal wöchentlich eine Stunde lang an einer Online-Therapie teilnehmen, die in Kleinstgruppen über einen Zeitraum von sechs Wochen stattfindet und von einer Sprachtherapeutin geleitet wird. Ein großer Vorteil der Gruppentherapie ist, dass die Jugendlichen mit Gleichgesinnten in Kontakt kommen und Raum für Austausch entsteht.
Dass die Therapie online läuft, sei gerade mit Blick auf die Jugendlichen perfekt, versichern die Sprachtherapeutinnen. „Online ist das Medium der jungen Menschen. Wir holen sie auf einer Kommunikationsebene ab, auf der sie ohnehin unterwegs sind“, so Andrea Deitermann.
Ehe online losgelegt wird, findet eine ausführliche Eingangsdiagnostik im Bezirkskrankenhaus Bayreuth statt. Und auch der Abschluss ist ein Präsenztermin. Dabei werden jeweils verschiedene Fachleute aus dem Bezirkskrankenhaus einbezogen, um ein möglichst umfassendes Bild vom Projektteilnehmer zu erhalten. Dazu gehören die ärztliche, die psychologische und natürlich die sprachtherapeutische Sicht auf das Kind. In der Therapiephase selbst geht es dann zum Beispiel um Eigenwahrnehmung, nonverbale Kommunikation, Schlagfertigkeit, aber auch um die (richtige) geeignete Lautstärke beim Sprechen und das (richtige) angemessene Tempo.
Wissenschaftlicher Ansatz
Das Ziel des Projekts? „Es soll wissenschaftlich untersucht werden, wie eine virtuelle Sprachtherapie mit dieser Zielgruppe umgesetzt werden kann. In Zukunft könnten dann noch viel mehr Betroffene von dem Angebot profitieren“, sagt Theresa Strätz.
Das Bezirkskrankenhaus Bayreuth kooperiert für dieses Projekt mit der Ludwig-Maximilian-Universität München, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen und der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Gefördert und finanziert wird das Projekt durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege. Für die Jugendlichen ist die Teilnahme kostenlos. Das für die Therapie benötigte Tablet samt Zubehör wird gestellt.