Ärzte, Psychologen, Sozialpädagogen, Pflegekräfte, Medizinische Fachangestellte – ein multiprofessionelles Team aus 13 Leuten betreut rund 200 Patienten – im Alter von 20 bis 80 Jahren. Einer von ihnen ist Sascha K. Zu viel Chrystal Meth wurde ihm 2013 zum Verhängnis. Er landete zuerst im Gefängnis, danach im Maßregelvollzug der Forensischen Klinik. Neben seinem ausgeprägten ADHS quälen den 41-Jährigen Angstzustände und starke Depressionen. Bis heute kämpft er Tag für Tag. „Wenn draußen die Sonne scheint, du aber lieber im dunklen, nassen Keller sitzt, kann doch was nicht stimmen“, beschreibt er seine Situation.
Mitte 2020 wurde K. entlassen. Wie die meisten seiner Mitpatienten hat er nach seiner Entlassung aus der Klinik für Forensische Psychiatrie fünf Jahre Führungsaufsicht. Innerhalb dieser Führungsaufsicht haben alle die gerichtliche Weisung, in die Forensische Ambulanz zu kommen. Klingt nach strenger Kontrolle. Ist es aber im besten Falle nicht. Diese Zeit soll ganz aktiv zusammen mit dem Patienten gestaltet werden, erklärt Sonja-Gerda Paal. Sie ist die leitende Oberärztin der Forensischen Ambulanz und weiß: „Aus der Zwangsweisung soll therapeutisches Arbeiten werden und die Patienten sollen den Kontakt zu uns als hilfreich empfinden.“ Für Sascha K. ist die Forensische Ambulanz ein Rettungsanker. „Wie Familie fühlt es sich an, wenn ich hier her komme.“
Draht zu allen
Seit 15 Jahren gibt es die Forensische Ambulanz am Bezirkskrankenhaus Bayreuth. Vorher wurden die Patienten über die Psychiatrische Institutsambulanz nachgesorgt. „Schwerpunktmäßig werden Menschen mit Suchterkrankung und Folgestörungen, Psychosen, Persönlichkeitsstörung und Intelligenzminderung betreut“, sagt Paal.
Rückt der Termin der Entlassung aus dem Maßregelvollzug näher, setzt sich der Patient mit den Mitarbeitern der Forensischen Ambulanz in Verbindung. Schnell kristallisiert sich heraus, wer aus dem Team als Bezugsperson für den jeweiligen Patienten passt. „Aber uns ist wichtig, dass er einen Draht zu allen hat – nicht nur zum Bezugstherapeuten“, erklärt die Ärztin. Dann sei die Schwelle nicht so hoch, sich Hilfe bei uns zu holen, wenn er mal in einer Krise stecke.
Sascha K.s engste Vertraute ist Ute Bauer. Die Sozialpädagogin geht mit ihm seit Jahren durch dick und dünn. „Als er damals zu uns kam, war er in einem äußerst desolaten Zustand“, erzählt Bauer. Rückfälle in die Drogensucht, Angstzustände, Depressionen, ein Suizidversuch – sein Leidensdruck war immens. Die richtige Wohnform für K. zu finden, war eine große Herausforderung.
Krisen vorbeugen
Es wird ein auf den Patienten zugeschnittener Behandlungsplan erstellt. Ziel sei es immer, Krisen vorzubeugen, eine Unterstützung im Alltag zu sein und den Patienten möglichst suchtmittel- und straffrei zu halten. Für den einen bedeutet das eine engmaschige Betreuung mit wöchentlichen psychotherapeutischen Gesprächsterminen in der Forensischen Ambulanz und regelmäßigen Drogenscreenings. Für den anderen genügen weniger verbindliche Termine. Um ihn nicht zu behindern bei seinem Versuch, draußen alles gut hinzubekommen mit Job und Familie. „Und es gibt Patienten, die jeden Tag zu uns kommen. Ohne Termin. Einfach so. Um hier einen Kaffee zu trinken, ein nettes Wort zu plaudern, aber vor allem um stabil zu bleiben. Um daran erinnert zu werden, nicht straffällig zu werden“, erzählt Paal. Das gebe Sicherheit. Sascha K. braucht genau diese Sicherheit. „Hätte ich Frau Bauer nicht, wäre ich wahrscheinlich nicht mehr am Leben. Sie zeigt mir, dass ich auch etwas wert bin“, sagt er.
Neben den Terminen vor Ort in der Forensischen Ambulanz sind wir auch viel aufsuchend unterwegs – bei den Familien oder in den Einrichtungen vor Ort. Das kann eine eigene Wohnung sein, eine Therapeutische forensische Wohngemeinschaft, ein Wohnheim, ein Alten-/Pflegeheim oder eine Soziotherapeutische Einrichtung“, sagt Achim Schöffel. Er ist leitender Psychologe der Forensischen Ambulanz und weiß, wie wichtig es ist, auch das gesamte Familien- und Sozialsystem des jeweiligen Patienten zu begreifen, um zu erkennen, mit welcher Art von Hilfe man ihn unterstützen kann.
Neben vielen Erfolgen und Patienten mit klarem Ziel vor Augen, gibt es auch Härtefälle. Patienten, die beispielsweise nicht abstinenzfähig sind. „Das führt schnell zu Problemen“, sagt Paal. Bei groben Verstößen gegen die vorgegebenen Weisungen, kann als letztes Mittel die Wiederaufnahme in den Maßregelvollzug erfolgen.
Das wollen Ute Bauer und Sascha K. unbedingt vermeiden. „Mein Ziel ist es, die Krankheit zu bewältigen“, sagt K. Die Depressionen, die Angstzustände. Er macht jetzt eine Psychotherapie und hofft, die richtige medikamentöse Einstellung zu finden. Dann möchte er gerne wieder arbeiten. Präventionsarbeit an Schulen will er leisten. Und Kontakt zu seinen beiden Kindern aufbauen.
Info:
Da die Ambulanz weiter wächst, ist eine Außenstelle in Bamberg mit Dr. Thomas Hammann als Oberarzt geplant.
Kontakt:
Forensische Ambulanz
Bezirkskrankenhaus Bayreuth
Nordring 2
95445 Bayreuth
Telefon: 0921-283 0