Warum macht Hitze einem im Alter mehr zu schaffen?
Der menschliche Körper wird im Laufe der Zeit anfälliger für Auswirkungen bei hohen Temperaturen. Mit zunehmenden Alter nimmt die Fähigkeit ab, die Körpertemperatur regulieren zu können, das Risiko der Überhitzung steigt. Ältere Menschen leiden häufiger unter chronischen Erkrankungen, wie Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, auch das macht den Körper weniger widerstandsfähig gegenüber Hitze. Zudem besteht im Alter ein höheres Risiko für Dehydrierung, das Durstempfinden nimmt ab, häufig wird nicht genügend Flüssigkeit zu sich genommen, auch Medikamente können die Reaktion auf Hitze beeinflussen. Bei höheren Temperaturen kann eine Dehydrierung zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen führen.
Welche Effekte hat der Klimawandel aufs Gehirn und unsere Stimmung?
Durch erhöhte Temperaturen kann es zu Schlafstörungen kommen, die wiederrum zur Minderung der Schlafqualität insgesamt führen, das wirkt sich auf die Stimmungslage aus. Wir sind gereizt, Angst kann auftreten. Die Luftverschmutzung, insbesondere in den Großstädten, kann die Gehirnfunktion beeinträchtigen und es kann zu kognitiven Defiziten kommen. Ereignisse, wie Naturkatastrophen mit Überschwemmungen, Waldbränden, vermehrten Stürmen und so weiter können bei Menschen Re-Traumatisierungen auslösen. Die hohe Hitzebelastung durch steigende Temperaturen über längere Zeiträume kann dazu führen, dass das Gehirn stärker belastet ist. Dies wiederum führt zu Erschöpfung, Konzentrationsproblemen, Kopfschmerzen und auch Schwindel. Manche Menschen belastet auch die Angst und Sorge um die Zukunft mit Verunsicherung, Bedrohung der Umwelt, Meldungen in den Medien von Trinkwasserknappheit oder Hitzetoten und die möglichen Auswirkungen auf das eigene Leben.
Inwieweit gehen psychische Erkrankungen auf das Konto des Klimawandels?
Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde hat dargelegt, dass der Klimawandel einen Einfluss auf die psychische Gesundheit haben kann, jedoch nicht als alleinige Ursache für psychische Erkranken betrachtet werden sollte. Durch den Klimawandel ergeben sich indirekte Auswirkungen auf die psychische Gesundheit, wie die bereits genannten Effekte. Die Auswirkungen des Klimawandels auf die psychische Gesundheit ist von verschiedenen Faktoren abhängig, wie beispielsweise individuelle Vulnerabilität, die sozialen Bedingungen und Kontakte und der Zugang zu Ressourcen und Unterstützungsmöglichkeiten. Für psychische Erkrankungen gibt es verschiedene Ursachen – zum Beispiel die genetische Veranlagung, persönliche Lebensumstände, soziale Unterstützung sowie individuelle Bewältigungsstrategien. Gleichzeitig betont der DGPPN jedoch, dass Veränderungen der Umwelt sowie Klimakatastrophen als zusätzliche Stressoren betrachtet werden können.
Sind ältere Menschen davon tatsächlich stärker betroffen?
Ältere Menschen können möglicherweise stärker von psychischen Belastungen betroffen sein, insbesondere bei sozialer Isolation, da sie auch wenig Rückmeldung bezüglich ihres Gesundheitszustandes erhalten können insgesamt weniger Gegenmaßnahmen treffen können. Ein wesentlicher Faktor ist auch die zunehmende soziale Isolation, fehlender Austausch mit anderen Personen, die Angst, allein zurückgelassen zu werden und nicht schnell genug Hilfe zu erhalten.
Anders als jüngere Menschen sind die älteren Mitmenschen nicht mehr so gut in der Lage, sich nach und nach an lange Phasen mit hohen Temperaturen und Luftfeuchtigkeit anzupassen, ältere Menschen haben häufig Schwierigkeiten mit der Durchblutungsregulierung in den Extremitäten, daher kühlt ihr Körper auch nicht so schnell ab. Mit dem Alter nimmt die Zahl der Schweißdrüsen ab und Hitze wird häufig erst verspätet wahrgenommen, ältere Menschen reagieren daher langsamer auf Temperaturwechsel.
Welche Auswirkungen kann extreme Hitze beispielsweise auf eine Demenz-Erkrankung haben?
Durch extreme Hitze kann es zu einer Verschlechterung der kognitiven Funktionen kommen mit Beeinträchtigungen der Merkfähigkeit, der Konzentration, der Informationsverarbeitung. Durch Hitze kann es zu Verhaltensänderungen kommen mit zunehmender Unruhe, Verwirrtheit oder gesteigerter Reizbarkeit. Damit einhergehend können Schlafstörungen, Aggressionen oder andere Verhaltensprobleme auftreten. Hitze kann zu vermehrtem Schwitzen führen, damit erhöht sich der Flüssigkeitsverlust und ältere Menschen sind anfälliger für Dehydration. Gleichzeitig können Menschen mit einer Demenz oftmals nicht mehr dazu in der Lage sein, die entsprechenden Symptome rechtzeitig zu erkennen oder angemessen darauf zu reagieren, sodass ein erhöhtes Risiko für eine Überhitzung des Körpers entsteht. Ältere Menschen haben kein hinreichendes Hitzeempfinden, kein entsprechendes Durstempfinden.
Bemerken Sie bei den älteren Patienten gesteigerte Ängste in Hinsicht auf zunehmende Klimakatastrophen?
Dies kann eindeutig mit „ja“ beantwortet werden. Menschen, die sich mit der aktuellen Situation auseinandersetzen, beschreiben vermehrt Sorgen, Zukunftsängste, insbesondere auch für Kinder und Enkelkinder, Trauer und Mitgefühl. Sie fühlen sich häufig auch machtlos diesem Prozess ausgeliefert. Deutlich mehr, als dies noch vor Jahren zu verzeichnen war.
Welche Lösungen gäbe es?
Wir müssen Hitzeschutz als Gemeinschaftsaufgabe betrachten. Hitzeschutzpläne erstellen, evaluieren, konsequent umsetzen. Informationsmaterialien bereitstellen, gegenseitig Rücksicht nehmen, Hilfsangeboten für den Einzelnen, sich regelmäßig nach dem Wohlbefinden der älteren Personen im eigenen Umfeld erkundigen, täglich den eigenen individuellen Anteil für unsere Umwelt zu leisten.
Gerontopsychiatrische Stationen finden Sie in den Kliniken der Gesundheitseinrichtungen des Bezirks Oberfranken (GeBO): Bezirksklinik Rehau, Bezirkskrankenhaus Bayreuth, Bezirksklinik Obermain. Nähere Infos unter www.gebo-med.de