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News

Die Angst vor der Zukunft

Sie kleben sich auf der Straße fest, gehen demonstrieren – weil sie eine Sorge umtreibt: der Klimawandel. Nach aktuellen Umfragen bei Jugendlichen ist die Klimaangst unter den drei häufigsten Sorgen. Angst ist ja erst einmal nichts Schlechtes, sie hat eine Schutzfunktion. Aber: Sie kann krank machen. Was macht Angst mit Jugendlichen? Darüber haben wir mit Alexander Plaschko gesprochen. Er ist Pflegebereichsleiter in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters am Bezirkskrankenhaus Bayreuth und somit ganz nah dran an dem, was die Jugendlichen umtreibt.

Was macht die Angst mit der Jugend?

ALEXANDER PLASCHKO: Angst kann die emotionale und psychische Gesundheit beeinflussen. Dies kann zu Angstzuständen, Depressionen und anderen psychischen Belastungen führen. Angst kann den Alltag beeinflussen, sie kann zu Konzentrationsschwierigkeiten, Problemen in sozialen Beziehungen führen oder zur Folge haben, dass sich der Jugendliche aus bestimmten Aktivitäten zurückzieht. Und: Wenn einem etwas sehr wichtig ist, in diesem Fall der Klimaschutz, aber das Umfeld wie Eltern oder Freunde sich darüber lustig machen, dann macht das etwas mit einem persönlich. Man fühlt sich nicht verstanden und allein gelassen.

Was unterscheidet Klimaangst von anderen Ängsten?

ALEXANDER PLASCHKO: Klimaangst ist schwerer greifbar als zum Beispiel eine Spinnenphobie. Das heißt, ich habe weniger Möglichkeiten, selbst etwas dagegen zu tun. Einer Spinne zum Beispiel kann ich aus dem Weg gehen, oder Techniken lernen, mit denen ich die Angst bewältigen kann. Klimaangst hat dazu oft eine kollektive Dimension, da sie mit Fragen der sozialen Gerechtigkeit, der globalen Zusammenarbeit und mit politischen Entscheidungen verbunden ist. Sie bezieht sich auf zukünftige Szenarien und die Sorge um die langfristigen Auswirkungen des Klimawandels. Wenn wir im Vergleich dazu bei der Angst vor Spinnen bleiben – diese hat keinen unmittelbaren gesellschaftlichen Bezug und ist in der Regel etwas sehr Individuelles.

Wovor haben die Jugendlichen denn genau Angst?

ALEXANDER PLASCHKO: Viele Jugendliche sorgen sich wegen der Auswirkungen des Klimawandels auf ihre zukünftige Lebensqualität. Sie befürchten eine Verschlechterung der Umweltbedingungen, wie beispielsweise extremere Wetterereignisse, Wasserknappheit, steigende Meeresspiegel und die Beeinträchtigung der natürlichen Ressourcen. Und vielen Jugendlichen ist bewusst, dass mit dem Klimawandel soziale Ungerechtigkeiten einhergehen. Verstärkt wird dies oft durch den Frust über scheinbare Untätigkeit der Politik. Wir – Eltern aber auch Institutionen wie wir als Klinik – müssen uns verstärkt mit der Thematik beschäftigen, wir müssen die Themen und Probleme der jungen Generation kennen und uns bewusst machen. Nur dann werden wir auch beratend ernst genommen.

Wie äußert sich Klima-Angst bei den Jugendlichen?

ALEXANDER PLASCHKO: Das kann von Person zu Person unterschiedlich sein. Klimaangst kann sich als anhaltende Sorge manifestieren. Betroffene können ständig über mögliche negative Folgen nachdenken. Sie kann auch mit typischen Symptomen von Angststörungen einhergehen, wie zum Beispiel erhöhter Herzfrequenz, Schweißausbrüchen, Atemnot, Unruhe, Schlafstörungen oder Konzentrationsproblemen. Klimaangst kann auch zu einem starken Drang führen, aktiv zu werden und Maßnahmen zu ergreifen. In einigen Fällen kann Klimaangst zu Gefühlen der Hoffnungslosigkeit und Resignation führen. Klimaangst ist ein Gefühl, das auf realen Bedenken beruht. Wenn jedoch die Angst vor dem Klimawandel das alltägliche Leben beeinträchtigt oder zu erheblichen psychischen Belastungen führt, ist es ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um angemessene Bewältigungsstrategien zu entwickeln.

Ist Zukunftsangst ein neues Phänomen?

ALEXANDER PLASCHKO: Nein, Menschen haben sich schon immer Sorgen über die Zukunft gemacht und Ängste in Bezug auf verschiedene Aspekte des Lebens gehabt. Zum Beispiel haben existenzielle Ängste wie die Angst vor dem Tod oder vor dem Verlust von nahestehenden Menschen eine lange Geschichte.

Wie unterscheiden sich die Ängste von Kindern und Jugendlichen?

ALEXANDER PLASCHKO: Jüngere Kinder haben oft Ängste, die mit ihrer lebhaften Phantasie verbunden sind. Sie können beispielsweise Angst vor Monstern, Dunkelheit oder Trennung von ihren Eltern haben. Im Gegensatz dazu haben Jugendliche tendenziell eher konkrete Ängste, die mit realen Herausforderungen und sozialen Aspekten ihres Lebens verbunden sind. Jüngere Kinder sind in der Regel stärker von ihren Eltern oder Betreuungspersonen abhängig. Daher können ihre Ängste oft eng mit der Trennungsangst oder der Sorge um ihre Sicherheit verbunden sein. Jugendliche hingegen entwickeln eine zunehmende Unabhängigkeit und haben möglicherweise mehr Ängste im Zusammenhang mit schulischen Leistungen, sozialen Beziehungen oder dem Erreichen ihrer persönlichen Ziele. Mit zunehmendem Alter entwickeln Kinder kognitive Fähigkeiten wie logisches Denken, Vorstellungsvermögen und Perspektivübernahme. Dies kann ihre Ängste beeinflussen. Während jüngere Kinder eher auf unmittelbare Gefahren oder konkrete Szenarien reagieren, können Jugendliche die Konsequenzen ihres Handelns und komplexere Aspekte der Welt um sie herum besser verstehen, was zu einer breiteren Palette von Ängsten führen kann. Jugendliche sind in einem Stadium des sozialen Wandels und der Identitätsbildung. Daher können ihre Ängste stark von sozialen Beziehungen, Akzeptanz, Gruppenzugehörigkeit und dem sozialen Urteilsvermögen beeinflusst werden.

Wie können wir dieser Angst begegnen?

ALEXANDER PLASCHKO: Es gibt verschiedene Ansätze, um Zukunftsangst zu bewältigen, sowohl auf individueller Ebene als auch in einer professionellen Umgebung. Persönlich sollte man informiert bleiben. Wer informiert ist, kann unrealistische oder überzogene Ängste reduzieren. In einer professionellen Behandlung kann man Achtsamkeit und Selbstfürsorge lernen. Meditation und körperliche Bewegung können helfen, sich zu beruhigen und Stress abzubauen. Und man kann lernen, sich auf einen Perspektivenwechsel einzulassen, sich auf Dinge zu konzentrieren, die kontrollierbar sind und sich dabei realistische Ziele mit entsprechenden Erfolgserlebnissen zu stecken. In der Klinik passt ein professionelles Team die Behandlung maßgenschneidert auf den einzelnen Jugendlichen an. Hier muss man vor allem die Psychoedukation nennen – dabei werden Informationen zu Ängsten und deren Ursachen vermittelt, damit Angst besser verstanden werden kann. Auf diese Weise lernen die Jugendlichen, dass Angst ein normales Gefühl ist und dass es Strategien gibt, mit Ängsten umzugehen. Weiterhin gibt es Methoden um negative Denkmuster und irrationale Gedanken, die Angst auslösen, zu identifizieren. Es hilft auch, Entspannungstechniken wie Atemübungen, progressive Muskelentspannung oder Achtsamkeitsübungen, zu erlernen um körperliche und emotionale Anspannung reduzieren zu können, wenn Ängste auftreten. Nicht zu unterschätzen ist die Unterstützung im sozialen Umfeld. Ein unterstützendes, verständnisvolles und einfühlsames Umfeld kann Jugendlichen helfen, sich sicher zu fühlen und Unterstützung bei der Bewältigung ihrer Ängste zu erhalten. Hier ist es von enormer Bedeutung, die benannten Ängste nicht als lapidar abzutun oder ins Lächerliche zu ziehen, gerade beim Thema Klimaangst passiert dies leider immer wieder.