Vergangenheit aufleben lassen: „Schaffen Sie einen Rückzugsort in der Wohnung“, rät Mauerer. Eine Ecke oder ein Bereich, in den sich der Angehörige aktiv begeben kann und sich dort wiederfindet. Am besten mit einer Couch und Dingen aus den letzten Jahrzehnten – Bücher, ein altes Tischchen, eine Lampe. „Und lassen Sie die Vergangenheit des demenzkranken Angehörigen wieder aufleben.“ Mit einer so genannten Biografie-Kiste. Abzeichen, Urkunden, Fotos von früher, ein Talisman – die Lebensgeschichte soll sich darin wiederspiegeln. „Und heben Sie alte Dokumente auf“, rät Mauerer den Angehörigen. Das Soldbuch, den Führerschein, Pässe. Außerdem sollte der Betroffene immer etwas bei sich haben, womit er sich vor allem auch unterwegs zurecht- und wiederfindet. Bei Frauen ist das meist die Handtasche, bei Männern der Geldbeutel. Beides sollte bestückt sein mit Dingen von früher – Fotos, eine Bürste, alte Karten.
Bewegung: Stubenhocker werden es schwerer haben. Regelmäßige Bewegung ist gerade bei Demenz das A und O, mahnt Mauerer. „Gehen Sie viel spazieren, um den Bewegungsdrang in geregelte Bahnen zu lenken.“ Regelmäßige Toilettengänge sollten eingeplant werden, um eine Inkontinenz hinauszuzögern und innere Unruhe zu vermeiden. Geeignete Kleidung spielt dabei ebenso eine wichtige Rolle: Hosenträger statt Gürtel, Klettverschlüsse statt Schnürsenkel, Pullover oder Shirts statt Hemdenknöpfe.
Optimierungen zu Hause: Um eine Inkontinenz hinauszuzögern sollte die Toilette beschriftet werden, damit diese immer gefunden werden kann. Ein Geländer und später vielleicht sogar ein Treppenlift dient der Sturzprävention. Ausreichend helle Beleuchtung ist nötig zur Orientierung und schafft Sicherheit. Lampen sollten eine hohe Wattzahl haben. In Anbetracht der sommerlichen Hitzewellen wird es immer wichtiger, die Wohnung möglichst kühl zu halten. Helfen können feuchte Tücher, Ventilatoren oder mobile Klimaanlagen. Sinnvoll sind Bewegungsmelder auch in der Wohnung. Für den Fall der Fälle sollte der demenzkranke Angehörige mit einem Notfallknopf oder -armband ausgestattet werden. „Besteht die Gefahr, dass der Demenzkranke wegläuft, macht es Sinn, einen GPS-Chip in der Kleidung zu verstecken zur besseren Ortung“, erklärt der Experte.
Gefahren bannen: Um die Sicherheit des Erkrankten zu gewährleisten, sollte man Elektrogeräte, wie den Herd, notfalls abschalten. Das Auto sollte man fahruntüchtig machen und die Batterie abklemmen. Die entsprechende Behörde im Landratsamt sollte über Waffen (eines Jägers oder aus dem Zweiten Weltkrieg) informiert werden. Notfalls sollte man Waffen vorübergehend verstecken.
Beschäftigung: „Bieten Sie dem demenzkranken Angehörigen außerdem Beschäftigungsmöglichkeiten an“, rät Mauerer. „Tun Sie all das mit dem Erkrankten, was er oder sie ein Leben lang gemacht hat – Haushalt, Kochen, Gartenarbeiten, Holz schlichten (nicht hacken). „Fordern und fördern, aber nicht überfordern“, mahnt Mauerer. Demenz sei schließlich eine fortschreitende Hirnerkrankung. Betroffene können dann einfach nicht mehr leisten. „Das ist keine Frage des Wollens.“
Der rechtzeitige Plan B: Und was, wenn die Probleme Überhand nehmen und eine Betreuung zu Hause nicht mehr möglich ist? „Warten Sie nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag. Besprechen Sie in der Familie rechtzeitig den Plan B“, rät der Gerontopsychiater eindringlich. Man müsse als Angehöriger für sich den Punkt klären, ab wann es zu Hause nicht mehr geht. „Opfern Sie sich nicht auf aus falsch verstandener Verbundenheit.“ Bei Aggression, Weglaufen, Inkontinenz sollte man auf klinische Erfahrung vertrauen. „Schauen Sie sich rechtzeitig Altenheime an und lassen Sie sich auf die Wartelisten setzen.“ Zudem solle man unbedingt an eine Patientenverfügung, bestimmte Vollmachten und rechtliche Betreuung denken und in die Wege leiten.
Notfallmappe: Hilfreich sei auch eine Art Notfallmappe, die alle wichtigen Dokumente enthält für Krankenhausaufenthalte oder den Gang ins Heim. Dazu gehören beispielsweise eine Kopie der Krankenkassenkarte, Vollmachten, eine Medikamentenliste, eine Diagnoseliste sowie Telefonnummern von Angehörigen.
Tipps: „Bringen Sie Geduld auf“, rät Mauerer. Oft nicht einfach, aber „denken Sie daran: Es ist eine Krankheit, kein Charakterzug.“ Wichtig sei es deshalb, sich als Angehöriger auch immer wieder Auszeiten zu nehmen und soziale Kontakte zu pflegen. Beratungsstellen können oft eine große Hilfe sein. „Als selbsthilfefreundliches Krankenhaus arbeiten wir am Bezirkskrankenhaus Bayreuth eng mit der Caritas Fachstelle für pflegende Angehörige zusammen.“ Ansprechpartnerin ist hier Ursula Epp, Telefon: 0921-21515.